Bewertung - Michel Deutschland-Standart
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Typ: | Katalog |
Herausgeber: | Schwaneberger-Verlag GmbH |
ISBN: | ja (im Buchhandel erhältlich) |
Preis: | € 39,80 |
Erscheinungsrhythmus: | Jährlich |
Tatsachen
1.130 Seiten stark und € 39,80 teuer, sind in ihm alle Hauptnummern des Sammelgebiets Deutschland mit farbigen Abbildungen, Ausgabedaten, -anlaß und Auflagen aufgelistet.
Daß dieser (aber auch jeder andere Deutschlandkatalog) jährlich an Umfang zunimmt, ist der Ausgabenflut beim "Bund" zu verdanken: 2009 waren das z.B. 6 Standard-Katalog-Seiten.
Viele der deutschen Sammelgebiete, speziell die älteren, sind relativ ausführlich
beschrieben, während Bund, Berlin und DDR aber auch das III. Reich eher "abgehandelt" werden - da fehlt einfach, zumal diese Gebiete die in Deutschland hauptsächlich gesammelten sind, informelle Tiefe.
Etwas umfangreicher, aber auch nur standardmäßig behandelt, sind die Zusammendrucke und die Markenheftchen. Eine Unterscheidung der einzelnen Varianten findet nicht statt. Z.B. Bund MH 22, das es in 36 + Letterset-Varianten mit unterschiedlichsten Preisen gibt, wird als EIN Heftchen aufgeführt, weitere Hinweise fehlen.
Alle Heftchenblätter sind abgebildet.
Bogenmarken, also Paare oder solche mit Bogenrand, bei Rollenmarkenserien, werden ebenso bewertet wie Rollenmarken mit rückseitiger Nummer, diese allerdings ohne Unterscheidung der Rollengrößen.
Die Wertangaben sind logischerweise auch hier keine Sammlerpreise, sondern um ca. 90 % über diesen liegende Händlerpreise.
Im Gegensatz zum "Michel Junior" wird bei DDR-Marken neben den Gefälligkeitsstempeln auch der einzig sammelwürdige Tagesstempel aufgeführt und bewertet.
Der Ausgabe 2010 / 2011, aufgrund derer ich diese Bewertung schreibe, lag die CD des Sammler?-Programms "Michel soft easy" bei.
Auch in diesem Katalog nimmt das Machwerk der Briefmarkenlobby, die ETBs, FDCs und, man höre und staune, auch die Jahresgaben des Bundes Deutscher Philatelisten e.V. breiten, von uns Sammlern zu zahlenden Raum ein.
Differenzen
Der Michel Deutschland ist wesentlich umfangreicher, was nicht zuletzt auch sein Preis mit € 39,80 belegt. Für den Sammler der moderneren Philatelie bringt er allerdings nicht so viel mehr Information, als daß diese Ausgabe gerechtfertigt wäre.
Das andere sind die Markenbewertungen. Und wie tendenziell "nachlässig" diese seitens des Katalogs behandelt werden, erkennt man speziell bei dieser Ausgabe: alle Ausgaben von Bund, Berlin und DDR der ersten 5 oder 6 Jahre werden (wie schon beim Michel Junior) pauschal um ca. 20 % reduziert - sie wären nicht mehr marktgerecht. Nicht, daß ich mich über diese Preise wundere, die treffen die Werte der Briefmarken ohnehin nicht, nein, es ist die Oberflächlichkeit mit der hier agiert wird. Man hat nicht das Gefühl, Michel mache sich größere Gedanken hierzu, oder die Sammler würden ernst genommen. Kann es wirklich sein, daß man 6 Jahre pauschal verbilligt und die übrigen über 50 Jahre, entgegen tatsächlichen Gegebenheiten, als erfreulich stabil und die Preise als marktgerecht sieht?
Warum verschließt Michel die Augen vor der Tatsache, daß man diese modernen Marken bis zu 95 % unter den Katalogpreisen bei Internetauktionen kaufen kann?
Der Sammler, der im Handel zu Michel-Preisen kauft, muß sich einfach betrogen vorkommen und, logisch, dem Briefmarkensammeln wieder adieu sagt.
Dieses Gefühl hat man auch, wenn der "Michel" sagt, die Preise seien nur eine Art Orientierung und weiterhin meint, der Sammler solle sich daran nicht reich rechnen.
Der richtige Umgang mit einem Katalog, der solche Preise nennt, kann nur der sein, sie nicht zu beachten. Den wirklichen Sammlerwert von Briefmarken kann man im Internet, z.B. bei eBay erfahren - und dort auch zu solchen Preisen einkaufen.
Die Erfahrungen daraus sind eindeutig: die Katalogpreise liegen um bis zu 95 % zu hoch, und die "Handelspreise" (auch im Internet) gerne auch mal um das 7- bis 8-fache über den Internet-Auktions-Preisen - und immer zum Nachteil der Sammler.
Der Ausgabe 2010 / 2011, aufgrund derer ich diese Bewertung schreibe, lag die CD des Sammler(?)-Programms "Michel soft easy" bei, das ich selbst auch nutze. Es lassen sich damit tolle Bestands- und Fehllisten erstellen und auch ausdrucken.
Mit einem "Klick" erfahre ich auch, vorausgesetzt ich habe alle Daten richtig eingegeben, was meine Sammlung wert ist. Wie bitte? Da staunt der Laie! Einerseits sollen wir Sammler uns nicht reich rechnen und jetzt sind genau diese unsinnigen Preise die Basis, den Wert meiner Sammlung zu berechnen?
Logisch ist wohl, daß das jährliche Update kostenpflichtig ist.
Weder "Fisch noch Fleisch" könnte dieser Katalog zwar eine (gegenüber dem Michel Junior 4 x mal so teuere) Alternative sein, läßt aber einfach zuviel Wünsche offen, als daß er es tatsächlich sein wäre.
Bewertung
Tatsache ist, daß, wenn man vom besten Katalog ausgeht, jedes Preiszugeständnis auch die Qualität ganz wesentlich negativ beeinflußt. Logisch!
Für jeden ernsthaften Sammler wird dieser Katalog damit jedoch auch entbehrlich, ja unsinnig, denn er verschweigt all die Informationen, die das Briefmarkensammeln zur schönsten Freizeitbeschäftigung werden lassen, bei dem Spaß und Erfolg eine absolut mögliche, ja notwendige Symbiose darstellen.
Ich wiederhole mich gerne: ein Katalog muß möglichst viele, vor allem auch zukünftige Fragen des Sammlers beantworten können - und das nicht nur als Hinweis auf Varianten in einer Kopfnote, sondern detailliert.
Legt man etwas mehr als (aber immer noch) € 30,-- drauf, kann man, so man nur Nachkriegsdeutschland sammelt, den Michel Deutschland Spezial Band 2 bekommen, der zwar auch die gleichen, gegen uns Sammler gerichteten Bewertungen aufweist, aber bedeutend tiefergehende Informationen bietet - und wer sich auf ein abgeschlossenes Teilgebiet Deutschlands konzentriert (die Katalogangaben ändern sich ja kaum), kann ihn, wenn man ihn auch mehrere Jahre nutzen.
Der Michel wird oft als die Bibel der Philatelie gesehen. Das trifft meiner Meinung nach nur auf die Spezialkataloge zu - wenn man von den Bewertungen der Briefmarken absieht, die in ihrer Gestaltung zweifelsfrei gegen uns Sammler gerichtet sind.
Michel sollte nicht vergessen, wer die Käufer ihrer Kataloge sind.
Und wir Briefmarkensammler sollten uns dessen bewußt sein, daß wir die Philatelie sind, wir durch unser Verhalten bestimmen, wie und was läuft.